Zwischen Verona und den Hügeln mit Blick auf den Gardasee empfängt ein Tal aus Stein, Weinbergen und Geschichte das authentischste Wesen des venetischen Weins.
Zwischen Verona und dem Gardasee liegt das Valpolicella, ein Mosaik aus Hügeln, Weinbergen und Steindörfern, das von Jahrhunderten an Kultur, Arbeit und Schönheit erzählt. Es ist ein Tal, das im Rhythmus der Erde atmet, in dem jede Jahreszeit ihren eigenen Duft trägt und jede Handlung ein altes Wissen bewahrt. Der Name „Valpolicella“ stammt wahrscheinlich vom lateinischen vallis poli cellae, „Tal der vielen Weinkeller“ – ein Schicksal, das seit den Ursprüngen festgeschrieben ist, als bereits in römischer Zeit der Wein ein wesentlicher Bestandteil des Lebens und der Kultur dieser Hügel war. Die ersten Zeugnisse des Weinbaus gehen auf das 1. Jahrhundert n. Chr. zurück, und im Laufe der Jahrhunderte ist der Wein des Valpolicella zum Symbol einer geduldigen Kunst geworden, die von Generation zu Generation weitergegeben wurde. Zwischen romanischen Kirchen, ländlichen Höfen und venezianischen Villen lässt sich die Schichtung einer Geschichte ablesen, die Adel und Bauern, Glauben und Arbeit, Erde und Geist miteinander verbunden hat. Jeder Stein, jede Rebzeile, jedes Dorf wie Fumane, Marano, Negrar oder San Pietro in Cariano erzählt von einer Gemeinschaft, die ihre Identität um den Wein herum aufgebaut hat.

Das Valpolicella ist ein einheitliches, aber komplexes Gebiet, unterteilt in drei große Bereiche, von denen jeder einen eigenen Charakter besitzt und zur Gesamtharmonie seiner Weine beiträgt.
Das klassische Valpolicella, das älteste und bekannteste Gebiet, umfasst die historischen Gemeinden Fumane, Marano, Negrar, San Pietro in Cariano und Sant’Ambrogio di Valpolicella. Hier gedeiht die Rebe auf kalkhaltigen Böden und weißen Mergelschichten, eingebettet in eine Landschaft von außergewöhnlicher Schönheit. Es ist die Wiege des Amarone und des Recioto – intensiver, komplexer Weine, die aus einem perfekten Gleichgewicht zwischen Natur, Technik und menschlicher Intuition entstehen.
Die Valpantena, weiter östlich gelegen, ist ein grünes, harmonisches Tal, in dem Weinberge mit Olivenhainen und Wäldern wechseln. Sie wird „das Tal aller Gaben“ genannt, dank ihrer idealen Sonneneinstrahlung und der mineralreichen Böden. Die Weine aus dieser Gegend zeichnen sich durch Eleganz, Frische und eine vertikale Struktur aus: eine feinere, aber ebenso tiefgründige Stimme im großen Chor des Valpolicella.
Das östliche Valpolicella, das die Gemeinden Mezzane, Illasi und Cazzano di Tramigna umfasst, ist bekannt für die Kraft und Struktur seiner Weine. Die vulkanischen Böden und das trockenere Klima verleihen ihnen Stärke, Charakter und große Langlebigkeit – Ausdruck der entschlosseneren und zeitgenössischeren Seite der Tradition.

Die Landschaft des Valpolicella ist ein Freilichtmuseum. Die venezianischen Villen der Renaissance, erbaut von den veronesischen Adelsfamilien, wechseln sich mit romanischen Kirchen wie San Giorgio di Valpolicella ab – einem der ältesten und eindrucksvollsten Orte des Gebiets. Die steinernen Bauernhöfe erzählen hingegen vom bäuerlichen Leben, von Mühe und Freude einer Arbeit, die sich noch heute in den täglichen Gesten der Winzer widerspiegelt. Im Valpolicella ist die Zeit die wahre Hauptfigur: die Zeit des Appassimento, wenn die Trauben in den Fruttai ausgebreitet werden und die Winterluft sie langsam trocknet, wodurch Aromen und Geschmack konzentriert werden; die Zeit der Gärung und des Wartens, in der der Most zu Wein wird; die Zeit der Erinnerung, die jeden Jahrgang mit dem nächsten verbindet – wie Kapitel derselben Geschichte.
Der Amarone, der Recioto und der Valpolicella Superiore sind nicht einfach Weine, sondern Erzählformen: Geschichten von Händen, Geduld und Vision. Jede Flasche bewahrt die Essenz dieses Tals: die Kraft des Steins, die Sanftheit der Hügel, die Weisheit des Menschen. Heute ist das Valpolicella eines der renommiertesten Weingebiete Italiens, bleibt jedoch seiner authentischen Seele treu. Die neuen Winzergenerationen haben mit Respekt erneuert und die Kultur des Weinbergs und der Gemeinschaft lebendig gehalten. Jede Kellerei, ob groß oder klein, bewahrt dieselbe Überzeugung: dass der Wein hier nicht nur aus der Erde entsteht, sondern aus der Begegnung von Erinnerung, Identität und Zeit. Das Valpolicella ist ein Tal, das weiterhin den Wert von Langsamkeit, Aufmerksamkeit und Kontinuität lehrt. Es ist ein Ort, an dem man den Wein nicht nur trinkt – man lebt ihn.